Spätestens seit der Einführung von ChatGPT Anfang des Jahres 2023 und dem Hype um die Künstliche Intelligenz (KI) treiben die großen Tech-Werte die weltweiten Indizes. Inzwischen haben die sogenannten Magnificent Six einen Anteil von sagenhaften 31 Prozent beim MSCI Welt. Wird sich diese Outperformance fortsetzen oder ist sie der Anfang einer ungemütlichen Korrektur?
Bert Flossbach vom Kölner Vermögensverwalter Flossbach von Storch zeigt sich durchaus kritisch und skeptisch gegenüber einer anhaltenden Tech-Outperformance. In seinem neuesten Marktkommentar schreibt Flossbach: „Die zunehmende Konzentration der großen Aktienindizes auf wenige Aktien – vornehmlich aus einer Branche – wirkt beunruhigend. Sie ist ein typisches Phänomen der Endphase einer Hausse.“
Inzwischen hat die Tech-Konzentration innerhalb des Index einen historischen Höchstwert erreicht. „Isoliert betrachtet ließe diese Entwicklung einen gewaltigen Börsencrash befürchten“, schreibt Flossbach, der allerdings hinzufügt: „Doch es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen der exzessiven Börsenphase zur Jahrtausendwende und heute. Die heutigen Indexschwergewichte sind sehr viel profitabler, als es die größten sechs Titel zur Jahrtausendwende waren.“
Job-Risiko Tech-Untergewicht?
Damals erwirtschafteten die Top 6 nur 7,3 Prozent der Gewinne aller im Index enthaltenen Unternehmen. Heute seien es fast 20 Prozent. Damals waren die größten sechs Titel mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von über 60 fast 2,6-mal so hoch bewertet wie der Index. Heute liege ihre Bewertung mit dem 35-fachen „nur“ 1,6-mal so hoch. Allerdings werden die Top-Titel auch durch eine selbsterfüllende Prophezeiung getrieben. Denn: Je mehr Geld in die Indexschwergewichte umgeschichtet wird, sei es durch direkte Käufe oder indirekt über Indexfonds, desto höher steigen ihre Kurse und desto größer wird der Druck auf andere Manager, das Gleiche zu tun.
„Wer die Aktien der Top-Sechs-Unternehmen nicht entsprechend hoch im Portfolio gewichtet hat, riskiert, sein Mandat oder gar seinen Job zu verlieren“, schreibt Flossbach und fügt hinzu: „Deshalb bewegen sich immer mehr Portfoliomanager in Richtung des Index oder gehen sogar noch einen Schritt weiter und gewichten die großen Werte überproportional. Nicht aus fundamentaler Überzeugung, sondern aus blanker Not.“
Auch wenn eine Wiederholung der ernüchternden Phase von 2000 bis 2013 laut Flossbach nicht zu erwarten sei, sollte die herausragende Entwicklung der vergangenen Dekade nicht als Erwartungsgrundlage für die kommenden zehn Jahre dienen. Die zunehmende Fokussierung auf die großen Indexwerte habe aber auch etwas Positives: „Es gibt immer mehr zu Unrecht verschmähte Aktien qualitätsstarker Unternehmen, bei denen die Aktienkurse trotz steigender Unternehmensgewinne gefallen sind. Dadurch hat sich die Bewertung der Titel deutlich reduziert und das Chancenpotenzial entsprechend verbessert.“
Wann die Aufholjagd dieser Aktien beginne, hänge auch von der Gewinnentwicklung der Indexschwergewichte ab. Flossbach schreibt: „Solange diese die hochgesteckten Wachstumserwartungen erfüllen, dürften ihre Aktien auf Kurs bleiben. Sollten die Geschäftszahlen oder der Ausblick des Managements dagegen enttäuschen, wird die Schwerkraft der Finanzmärkte diese Titel besonders stark nach unten ziehen.“